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 Bastinsweiher

Vom Kupferhof zur Tuchfabrik

Die Cockerills und Stolberger Textilmaschinen

  

 

 

 

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Sayette-Garten

Friedrich Holtz


  

Die um 2015 durchgeführte Aufwertung der Stolberger Talachse (bestehend aus Steinweg-, Rathaus- und Salmstraße) mit den bereits abgeschlossenen Leuchtturmprojekten Kaiserplatz und insbesondere mit der Umgestaltung des Bastinsweihers und seiner unmittelbaren Umgebung ist zu einem weiteren Glanzpunkt in unserer Kupferstadt geworden.

  

Bastinsweiher, vormals Ellermühlenweiher

Im Zusammenhang mit dem gängigen Begriff Kupferstadt liegt es nahe, auf den Umstand zu verweisen, dass sich hinter der Örtlichkeit Bastinsweiher ein für die Ortsgeschichte höchst bedeutsamen Hintergrund verbirgt, denn der Bastinsweiher war ursprünglich als Wasserreservoir für den Kupferhof Ellermühle angelegt worden und wurde bis zum 19. Jahrhundert auch Ellermühlenweiher genannt.

Und diese Ellermühle war nicht irgendein Kupferhof, sondern war einer der ältesten und wichtigsten, die neben dem Dollartshammer (an der heutigen Finkensief gelegen), der Jan-Raven-Mühle (heutiger Mühlener Markt) sowie dem Burgbereich bereits auf der frühesten Darstellung des Stolberger Tales zu finden sind. Erstellt wurde diese farbige Karte 1544 durch Egidius von Walschaple anlässlich eines langjährigen Rechtsstreites um Landbesitz und um Wasser- sowie sonstiger Nutzungsrechte zwischen den Herren von Stolberg u. den Reichsäbten von Kornelimünster.

Bild Bild
Ausschnitt aus Walschaple-Karte,
Quelle: Hauptstaatsarchiv Düsseldorf
Burgbereich um 1544 nach
E. Walschaple,
Aquarell von G. Dodt.

Der wohl bedeutendste Stolberger Burgherr Hieronymus von Efferen war offenbar auch als Lehensgeber an der Gründung der Ellermühle beteiligt. Mit diesem Lehen legte Hieronymus von Efferen den Grundstock des Stolberger Messinggewerbes und sorgte damit möglicherweise zwar nicht für den ersten, wohl aber für den wichtigsten Impuls zur Implementierung frühneuzeitlicher Ideen der Renaissance im Stolberger Tal.

 

Vom Kupferhof zur Tuchfabrik

Neben dem aufwendig umgestalteten Bastinsweiher findet sich in unmittelbarer Umgebung der neu angelegte Sayette-Garten, der durchaus als weiteres Highlight im Stadtbild wahrgenommen wird. Und, wie könnte es auch anders sein, auch der Sayette-Garten hat einen äußerst interessanten historischen Hintergrund: Nachdem gegen Ende des 18. Jahrhunderts der in Stolberg bestens bekannte Paul Offermann (Offermannplatz in Oberstolberg) westlich der Ellermühle eine Tuchfabrik errichtet hatte, gründeten die Belgischen Fabrikanten Grand-Ray und Poswick an gleicher Stelle eine Baumwollweberei und eine Sayette-Spinnerei.

Bild Sayette-Garten,
Foto: C. Altena

Diese Art von Nutzungswandel ist im 19. Jahrhundert für die Region geradezu charakteristisch gewesen. Das im 19. Jahrhundert bis zur Produktionsreife entwickelte Verfahren der Zinkdestillation brachte für das Messinggewerbe nicht nur in Stolberg ganz entscheidende Umwälzungen, wodurch die Messingindustrie der Region den wohl wichtigsten Standortvorteil verlor. Die traditionelle Messingherstellung auf Galmeibasis hatte ihr Ende gefunden und zahlreiche Messingunternehmen traditioneller Prägung wurden Opfer dieser neuen Technologie. Als reine Messingproduzenten blieben nur Matth. Lud. Schleicher, von Asten & Lynen sowie William Prym übrig.

Diese Konzentration der Messingfabrikation auf nur drei Unternehmen machten zahlreiche Produktionsstandorte für andere Sparten verfügbar. Diese Tendenz wurde noch verstärkt durch  den zunehmenden Einsatz von Dampfmaschinen, die saisonunabhängig ausreichende Antriebskraft gewährleisteten und die Bedeutung der Wasserkraft erheblich relativierten. Für die Textilindustrie hingegen war nicht die Antriebskraft des Wassers, sondern in erster Linie das Wasser selbst und die die vorhandene wasserbauliche Infrastruktur mit Teichen, Mühlgräben etc. von Bedeutung (Waschen, Spülen und Färben der Rohwolle bzw. Tuche).

Rückblickend betrachtet scheint die Textilindustrie im 19. Jahrhundert nur darauf gewartet zu haben, freiwerdende Produktionsstätten zu besetzen. Besonders deutlich wird dies im Bereich des Münsterbaches (lokale Bezeichnung für den Oberlauf der Inde). Ausnahmslos alle der insgesamt sieben „Kupfermühlen“ (Elgermühle, Gedau, Bocksmühle, Haumühle, Buschmühle Nepomucenus-Mühle und Hamm), die sich an diesem Bachlauf befanden, wurden von der Textilindustrie übernommen. Unter den neuen Besitzern bzw. Betreibern waren zahlreiche klangvolle Namen aus der Aachener Tuchmacher-Szene zu finden, wie: Aktien-Spinnerei, Degive, Köstring, Lorenz, Nellessen und van Gülpen.

Bild Gut Gedau
Foto: F. Holtz

Das gleiche Schicksal (Nutzungswandel) widerfuhr auch der Ellermühle, wo mittlerweile 65 Webstühle betrieben wurden und 230 Leute beschäftigt waren. Zur technischen Ausrüstung gehörten u.a. Maschinen zum Spinnen und Zwirnen. Auf letzteren wurde in großem Stil auch Sayette, eine aus dem Französischem stammende Bezeichnung für Strickgarn hergestellt. Als Handelsname war vielfach auch die Bezeichnung „yarn for knitting“ üblich. 

Direktor der Sayette-Spinnerei war Adolf Bastin der namengebend für die alte Teichanlage wurde, obschon die ursprüngliche Bezeichnung Ellermühlenweiher aus historischer Sicht ohne jeden Zweifel vorzuziehen wäre. 

Bild Bastinsweiher mit mit alter Ellermühle und Sayette-Spinnerei,
Foto aus dem Bildband „Stolberg
wie es einst war“, Abb. Nr. 51

  

Die Cockerills und Stolberger Textilmaschinen

Abschließend wäre noch zu erwähnen, dass besagte Textilmaschinen möglicherweise oder sogar wahrscheinlich von der Cockerill-Dynastie geliefert worden sind. Diese Unternehmerfamilie war mit den beiden Brüdern James und John als Eigentümer bzw. Betreiber der James-Grube (Steinkohlenzeche im Bereich Münsterbusch) und der Zinkhütte Münsterbusch in Stolberg aktiv. Auch heute noch ist die Cockerill Straße als Verbindung zwischen Münsterbusch und Eilendorf ein Begriff. Sie wurde von den beiden Brüdern in den Jahren 1830 bis 1836 zum Transport von Kohle bzw. Zinkprodukten nach Aachen angelegt.

Bild John, einer der beiden Cockerll-Brüder.

  


  

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